Herbsttränen, Kapitel 4

Der Tag läuft gut, die meiste Zeit über hat Maria ihre Ruhe vor ihrer Chefin und kann sich hinten im Lager verziehen, um Bücherlieferungen zu sortieren und abzuhaken.

Bald genug ist sie fertig damit und kommt wieder nach vorne.

Sobald sie wieder im Laden zu sehen ist, wird sie auch prompt von jemandem angesprochen.

Verzeihung, haben sie hier das Buch von diesem einen Autor hier?“

Die junge Frau schmunzelt, es ist nicht das erste Mal, dass sie jemand so anspricht.

Wissen sie den Namen des Autors?“, fragt sie.

Der Mann schüttelt den Kopf. „Dieser berühmte Autor, das Buch ist ’ne Neuerscheinung.“

Maria verkneift sich ein Seufzen. „Wissen sie vielleicht den Namen des Buches?“

Der Mann schnappt: „Dann würde ich es ja wohl sagen, oder?“

Die junge Frau zuckt leicht zusammen und flucht innerlich, wenn sie sieht wie der Ärger des Mannes die Aufmerksamkeit ihrer Chefin auf sie zieht.

Okay“, beginnt sie, verzweifelt versuchend den Mann zu beruhigen, „Wir können ja mal zu dem Regal mit den Neuerscheinungen gehen und gucken, ob wir dort ihr Bu-“

Normalerweise funktioniert das, aber der Kunde regt sich nur mehr auf: „Unglaublich! Warum arbeiten sie hier, wenn sie zu inkompetent dafür sind?“

Jetzt kommt die ältere Frau auf die beiden zu und lächelt den anderen höflich an, direkt nachdem sie Maria einen wütenden Blick zuwirft.

Diese nickt und dreht sich um, um weiter Bücher in den Regalen zu sortieren. Es ist schon alles sortiert aber das ist ihr herzlich egal, Hauptsache sie wird nicht angesprochen.

Sie schaut auf die Uhr, möchte sehen wie lange sie noch bleiben muss.

Eine Pause hatte sie nicht, allerdings ist ihre Arbeitszeit bald um.

Nur noch eine Viertelstunde.

Sie geht nach vorne an die Kasse und fängt an, die Bestellscheine zu sortieren.

Alphabetisch, ordentlich. So wie immer.

Sie lässt sich Zeit, so wie immer kurz vor Ladenschluss, damit weniger Zeit übrig bleibt, um niedergemacht zu werden.

Die Ladenglocken bimmeln und Schritte sind zu hören.

Wir schließen gle-“, Maria guckt auf und sieht den Jungen, den sie auch an der Bushaltestelle getroffen hat. Er lächelt sie breit an und kommt auf sie zu.

Hey“, fängt er an, „Ich wollte dich auf einen Kaffee einladen.“

Sie ignoriert seine Worte, nicht weil sie nicht möchte, sondern weil sie weiß, dass sie ihrer Arbeitgeberin nur noch mehr Gründe zum schimpfen gibt, wenn sie darauf eingeht.

Wie kann ich ihnen helfen?“, sie zwingt sich zu einem freundlichen Lächeln.

Mit ihrer Nummer, junge Dame“, er lächelt keck zurück.

Wir schließen in …“, sie wirft einen Blick auf die Uhr, „Fünf Minuten.“

Sie spürt leichte Panik wenn sie Schritte, die des unhöflichen und die der älteren Frau hört.

Einen schönen Tag noch“, sie lächelt ihn nochmal an und legt die sortierten Scheine zur Seite bevor sie sich zu ihrem Boss umdreht.

Ich habe Schichtende, Vanessa zählt das Geld heute.“

Sie lässt ihr nicht mal die Chance irgendwas zu sagen wenn sie sich umdreht und fluchtartig zum Gemeinschaftsraum geht, ihre Jacke anzieht, Tasche nimmt und den Laden verlässt.

Sie läuft nicht mal fünf Minuten, bis sie in jemanden rein läuft. Sie möchte sich entschuldigen und schaut hoch, mal wieder in die blauen Augen des blonden Mannes guckend.

Du? Schon wieder?“, tatsächlich lacht sie.

Ich gebe nicht auf, bis ich deine Nummer habe“, er grinst.

Reflexartig setzt Maria dazu an ihn abzuweisen, aber im selben Moment stoppt sie sich selbst und grinst genauso breit zurück. „Du bezahlst den Kaffee.“

 

(Picture taken by Sophie Eichel)

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